Montag, 17. September 2007
Knapp vorbei ...
Heute war ein wirklich schöner Tag. 25° C, kein Regen, nur Sonnenschein.
Und ich habe meine mündliche Prüfung hinter mir!
Geprüft wurde ich (nominell) im Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Urheberrecht/Gewerblicher Rechtsschutz. Nominell, weil letzteres kam einfach nicht dran in meiner Prüfung.
Angefangen hat die Prüfung mit Konzernumwandlungsrecht - also erstmal ohne meine Beteiligung. Zwei AGs sollten verschmelzen und der Vorstand hat wohl irgendwie fehlerhaft Rechenschaft abgelegt. Und weil das ganze vor der Hauptversammlung geschah, gab es da irgendwelche Normen, die trotz Spruchverfahrens (§ 243 AktG) eine Anfechtung erlauben. Irgendwas im UmwG.
Mich trafen dann Fragen über die mißbräuchliche Anfechtungsklagen von Aktien-Touristen. Zuerst fragte mich Prof. S, ob ich Gerhard Roland Freiberg (Name durch mangelndes Erinnerungsvermögen verfremdet) kennen würde. Meine Gedanken routierten natürlich Mist, welches Urteil habe ich denn jetzt bei meiner Vorbereitung übersehen!?!?. Als ich dann die Kenntnis verneinte, meinte S, das mache nichts, dann lerne ich ihn halt jetzt kennen: G. R. Freiberg ist so einer, der auf der stetigen Suche nach Ankündigungen von AG-Hauptsversammlungen ist und sich dann kurzfristig Aktien besorgt. Dann ein paar (also eigentlich mehr als nur ein paar) Fragen an den Vorstand, bis dieser einen Fehler begeht. Und schwups liegt die Anfechtungsklage nebst großzügigem Angebot auf dem Tisch.
Was könne man da machen? Wie wird das Gericht entscheiden?
Naja, § 245 Nr. 1 AktG dürfte hier einschlägig sein - keine Anfechtungsbefugnis.
Und wozu führt das?
Zur Unzulässigkeit der Klage. Einfach, oder?
Neuer Fall: Er hat schon länger die Aktien.
Meine Lösung: Rechsmißbräuchliche Anwendung des Anfechtungsrechtes, da eigentlich nicht die Unwirksamkeit vom Kläger gewünscht ist, sondern diese bloß Mittel zum Zwecke einer Sonderzahlung an ihn ist. Und dem Aktionär G. R. F. steht als Gesellschafter der AG lediglich sein ihm nach seinen Aktien zustehender Gewinnanteil zu. Eine derartige Abfindung aber würde ihn gegenüber den anderen Aktionären und damit Mitgesellschaftern und zu deren Lasten bevorteilen. Also Rechtsmißbrauch. Diese führt dann zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis.
Das war’s eigentlich - jedenfalls reicht mein Gedächtnis nicht weiter.
Dann kam das Steuerrecht. Obwohl das EStG eigentlich nicht zu den von mir angemeldeten Vorlesungen gehörte, probierte Prof. H. es mal damit Schauen wir mal, wie weit wir dennoch damit kommen. Probieren wir es einfach mal.
Lokführer L bekommt 30.000 € brutto. Und eine Netzkarte (freies Fahren mit der Bahn) im Wert von 1.800 €. Zu versteuerndes Einkommen?
OK, da ich das EStG ja nun durchaus ein wenig kenne: Der Lohn ist Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 I 1 EStG). Und ja, es müssen die vollen 30.000 € angesetzt werden, schon gezahlte Lohnsteuer ist irrelevant bzw. muß dem tatsächlich ausgezahlten hinzugerechnet werden, denn die Lohnsteuer ist ja nur eine besondere Quellenbesteuerung für die Einkommenssteuer.
Und die Netzkarte ist ein geldwerter Vorteil (... andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im [...] Dienst;). Und wenn L meint, Bahnfahren außerhalb einer Lok sei ihm zuwieder, er nutze die Karte nicht
, so müßte er die Karte der Bahn zurückgeben, andernfalls muß das - auch mangels Überprüfbarkeit und halt der potentiellen Nutzungsmöglichkeit - als nicht relevant zurückgewiesen werden.
Und dann halt noch die Werbungskosten-Pauschale.
Ich denke mal, dafür daß ich Einkommenssteuervorlesungen nicht zum Inhalt meiner Prüfungsanmeldung gemacht hatte, eigentlich ganz gut, oder?
Was dann die anderen gefragt wurden? Ich weiß es nicht mehr. Irgendwas mit Streikgeld und so.
L hat nun auch ein altes Haus gekauft. Er renoviert es für 7.000 €, hat Schuldzinsen von 50€ im Monat und ... vermietet es für 500 € (=75 % der ortsüblichen Miete) an seine Lebensgefährtin. Was kann der Finanzamtsbeamte hier machen?
Ich hatte da erstmal eine Vorschrift im EStG gefunden, den § 21 EStG, der was mit 56 % der Ortsmiete macht, aber das lag hier ja nicht vor. Also (dem eigentlichen Stoff der zu prüfenden Vorlesung - Steuerverwaltungsrecht - sich nähernd) ab zu § 21 AO. Das ganze könnte eine mißbräuchliche Gestaltung sein. Man kann ja immerhin das so sehen, daß die Vermietung einzig und allein dazu dient, aus eigentlich privat veranlaßten, also steuerlich irrelevanten Ausgaben (nämlich die Renovierungskosten - ach ja, die anderen beiden wurden hier was zur Frage nachträglicher Anschaffungskosten gefragt - und die Schuldzinsen für den Kauf), steuerlich abziehbare Werbungskosten zu machen. Ohne diese steuerliche Regelung würde wohl schlechterdings der L einfach mit seiner Flamme in dem Haus wohnen und es nicht an sie vermieten.
Finanzbeamte F schaut nun am Sonntag bei dem Haus vorbei und findet dort L nebst Lebensgefährtin im Garten sitzend - das Haus offenbar von beiden genutzt.
Ist das eine (unrechtmäßige?) Aussenprüfung? Oder ein Augenschein als Beweismittel nach § 92 AO? Meine Argumentation: Das ganze ähnelt wertungsmäßig sehr stark der Situation, in der das Finanzamt ein deklariertes häusliches Arbeitszimmer inspiziert, was ja klar als Augenschein angesehen wird. Also Augenschein.
Was könnte Ls Anwalt einwenden?
Ich lese aus § 92 AO die Voraussetzungen vor, denke für etwa 10 Sekunden drüber nach. Worauf will H hinaus? Hm ... erforderlich? Ermessen? und prompt kommt ein Na, da kommen Sie jetzt wohl nicht drauf, es könnte ein Ermessensfehler vorliegen ...
Ich stottere noch hinterher, ja z.B. in Form eines Ermessensfehlers bei der Auswahl des Beweismittels ... vorher hätte man ja nach Nr.1 einmal eine Auskunft einholen können ... und da war dann die Prüfungszeit auch schon um.
Und, ach ja, warum “knapp vorbei ...”? Fürs Gesellschaftsrecht gab es 10 Punkte (und damit wie meine beiden bisherigen Ergebnisse zweistellig), aber im Steuerrecht nur 9. seufz Und als Gesamtnote wolle man ebenfalls bei einer 9 bleiben. doppelseufz Tröstlich dabei, daß ich somit meinen universitären Prüfungsteil mit einer 10 vor dem Komma bestanden habe (und HEY, bestanden ist doch sowieso schon was wert, oder?) und daß selbst die 9 Punkte nach Examensnotenregeln ein vollbefriedigend sind!
Disclaimer: Das alles ist ein Gedächtnisprotokoll - und zwar von einem solchen, das heute ziemlich angespannt und nervös war. Also alles bitte mit Vorsicht genießen und eventuelle Ungenauigkeiten entschuldigen!
Heute war ein wirklich schöner Tag. 25° C, kein Regen, nur Sonnenschein. Und ich habe meine mündliche Prüfung hinter mir! Wenn Dir der Artikel gefallen hat oder er für Dich hilfreich war, dann flattr ihn doch einfach als kleines Dankeschön! [Was ist flattr?]







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